Sektion 3: Perspektiven einer politischen Literatur- und Mediendidaktik

Moderator:innen: Ricarda Freudenberg (PH Weingarten), Petra Josting (Universität Bielefeld)

Hörsaal 3

Eine politische Literatur- und Mediendidaktik geht von gegenwärtigen, gesellschaftlich relevanten Problemlagen aus – jüngst die Versorgung und Integration von aus der Ukraine Geflüchteten, aber auch die Folgen des Klimawandels oder Digitalisierung. Ebenso muss sie die zunehmende sozioökonomische Spaltung der Gesellschaft beschäftigen, da sich mit ihr Fragen von kultureller Teilhabe, Bildungs- und Chancengerechtigkeit verknüpfen. Verstärkt wurde diese Spaltung aufgrund der Fluchtbewegungen 2015 und der Corona-Krise, die einen Vertrauensverlust der Bürger:innen in demokratische Systeme, gar ein In-Frage-Stellen demokratischer Werte zur Folge hatten. Doch kann der formale staatliche Rahmen der Demokratie nur dann als gesichert und stabil gelten, wenn Demokratie kulturell-gesellschaftlich verankert und gelebte Praxis ist. Schule und Deutschunterricht, aber auch die universitäre Lehrer:innenbildung stehen folglich in der Pflicht, sich dieser Herausforderung zu stellen.

Überlegungen der Literatur- und Mediendidaktik mit ihren spezifischen Gegenständen, Methoden und Zielen sind an demokratiepädagogische Konzepte oder solche zur Politischen Bildung anzubinden. So unterschiedlich diese Konzepte sein mögen, sie lassen sich nach Hedtke (2021) in einem Koordinatensystem mit folgenden Komponenten verorten: Demokratisierung, Bürger:in, Machtbeteiligung, Akzeptanz, Zivilisierung, Ökonomisierung, Staat/Demokratie, Mitmachen, Kritik und Politisierung. Diese gilt es mit bewährten traditionellen Bildungszielen zu verknüpfen: materialer wie formaler Bildung, ästhetischer, personaler, ethisch-moralischer Bildung sowie kultureller und interkultureller Bildung.

Vorgestellt und diskutiert werden Forschungsprojekte, die sich einerseits literaturwissenschaftlich wie -didaktisch mit literarischen und nicht-literarischen Texten, auch in Lehrwerken, befassen, andererseits Lernprozesse in den Blick nehmen und Anforderungen an die Professionalisierung beschreiben. Die Projekte folgen insofern theoretisch-konstruktiven wie empirisch-rekonstruktiven Forschungsparadigmen. Lohnend erscheint für die Sektionsarbeit die stete Selbstbefragung: Welchen impliziten und expliziten Normsetzungen unterliegt die Forschung einer auf dieselbe Praxis bezogenen Disziplin, auf die sie gleichzeitig steuernd Einfluss nimmt?

Zur Sprache kommen

  • in literarischen Texten und Medien verhandelte gesellschaftspolitisch relevante Themen – Flucht und Migration, Klimawandel, aber auch Nationalsozialismus und Holocaust; 
  • die je spezifische Art der literarästhetischen Inszenierung: Perspektivierung, Wertung, Mechanismen der Verfremdung oder Strategien der Manipulation;
  • die damit verbundenen Anforderungen an die Ausbildung von Aufmerksamkeit, Irritationsbereitschaft, Ambiguitätstoleranz und einer eigenen Positionierung;
  • daraus resultierende Fragen nach Kriterien der Textauswahl, Darbietung und Rezeption;
  • mit dem Einsatz verbundene Zielsetzungen, etwa Überlegungen zu Ermöglichungsbedingungen politischer, kultureller und sprachlicher Teilhabe durch Literatur und Medien.

Literatur:

Hedtke, Reinhold: Politische Bildung und Demokratiebildung. Ein schwieriges Verhältnis. Vortrag mit Power Point im Rahmen des 2. Austauschtreffens "Demokratiebildung als (hoch-)schulische Querschnittsaufgabe und demokratisch-politische Bildung als Prinzip der Lehrer*innen-Bildung!?" an der Universität Bielefeld am 03.02.2021, Folie 10


Montag, 19.9.2022
10.15-10.30 Ricarda Freudenberg / Petra Josting: Einführung
10.30-11.15 Thomas Zabka (Universität Hamburg): Was gilt als „politische“ Literatur und was bedeutet dies für die Formulierung von Unterrichtszielen und Lernwegen? Eine Lehrwerksanalyse in theoriebildender Absicht
11.15-12.00 Raila Karst / Nadine Naugk (Universität Halle-Wittenberg): Politisches Welterkunden im Spiegel poetischer Kindertexte
12.00-12.45 Anke Christensen (Universität zu Kiel): Das Politische als Angriff: Die Kunstform Satire im Deutschunterricht
14.00-14.45 Johanna Duckstein / Alexandra Ritter (Universität Halle-Wittenberg): Kinder als Klimaretter:innen?! Eine Korpusuntersuchung zur didaktischen Funktionalisierung von aktuellen Bilderbüchern zum Klima- und Umweltschutz
14.45-15.30 Sabine Röttig / Julia Kruse / Monika Hernik Mlodzianowa (Universität Postdam): Naturverbindung durch Kinder- und Jugendliteratur

Dienstag, 20.9.2022
10.15-12.30 PANEL 5: Literaturdidaktik der "postmigrantischen Gesellschaft"
14.00-14.45 Cathrin Eckerlein-Sack (LMU München): „Wie man des vermitteln kann, find ich ne wahnsinnige Herausforderung.“ Eine empirische Studie zu Perspektiven angehender Deutschlehrkräfte auf die Vermittlung von Holocaust und NS-Verbrechen.
14.45-15.30Bernd Maubach (Universität Paderborn): Sachbücher für Kinder als Medium der politischen Bildung im Deutschunterricht der Grundschule

Mittwoch, 21.9.2022
10.15-11.00 Martina von Heynitz / Birgit Schlachter / Michael Steinmetz / Ricarda Freudenberg (PH Weingarten): Perspektivverstehen als Bildungsaufgabe des Literaturunterrichts – Einblicke in das Entwicklungsforschungsprojekt PAuLi
11.00-11.45 Caroline Bader / Heike Krösche (Universität Innsbruck): Deutsch- und politikdidaktische Perspektiven auf das Thema Flucht und Migration am Beispiel von Comic-Reportagen
11.45-12.30 Larissa Jagdschian (Universität Bielefeld): Kinder- und Jugendromane über Flucht, Rassismus und Solidarität im Kontext der Politischen Bildung im Deutschunterricht
12.30-12.45Abschließende Diskussion

 Abstracts der einzelnen Vorträge