Sektion 2: Politische Perspektiven in der Sprachdidaktik: Sprache – Macht – Normen

Moderator:innen: Jutta Ransmayr (Universität Wien), Björn Rothstein (Universität Bochum)

Hörsaal 2

 „Wir wollen übrigens das Wort nicht verachten. Es ist doch ein mächtiges Instrument…“ (Sigmund Freud). In der Kommunikations-, Urteils- und Kritikfähigkeit – allesamt zentrale Leitvorstellungen der Sprachdidaktik – liegt ein Schlüssel zur individuellen Mündigkeit sowie zur gesellschaftlichen und politischen Teilhabe. Die Berührungspunkte zwischen Sprachdidaktik und politischen Perspektiven sind dabei vielfältig und reichen von strukturellen, also bildungspolitischen und institutionellen Vorgaben (z.B. Lehrpläne, Bildungsstandards, Schulunterrichtsgesetze, standardisierte Prüfungen und Testungen) über gesellschaftlich bzw. institutionell gesetzte Sprachnormen bis hin zu den inhaltlich-thematischen Kerngebieten der Sprachdidaktik. Nicht immer ist der Politikbezug so offenkundig wie etwa bei konkreten inhaltlichen Vorgaben in handlungsleitenden Dokumenten – Sprache an sich hat zudem auch mit Macht zu tun, mit individueller Ermächtigung, mit demokratischer Mitbestimmung und letztlich mit Teilhabe am gesellschaftlichen und politischen Geschehen.   

Auch das Feld der Sprachdidaktik ist nicht frei von Spannungsfeldern. So steht etwa die Beherrschung der Standardsprache (Bildungssprache) als gesetzte Zielvorgabe und als schulisches Selektionsinstrument der Notwendigkeit des Individuums gegenüber, dass produktive wie rezeptive standard- und bildungssprachliche Kompetenzen schlichtweg gebraucht werden, um erfolgreich an zentralen Bereichen der Gesellschaft partizipieren zu können (z.B. Zugang zu Information, zu Recht, zu Ämtern, beruflicher Erfolg). Normative Setzungen durchziehen zudem sämtliche Kerngebiete der Sprachdidaktik und lassen sich etwa bei Textnormen, orthographischen und grammatischen Normen, im mündlichen wie im schriftlichen Bereich ausmachen. Gleichermaßen stellt das Hinterfragen von sprachlichen Normen ein Lehrziel dar. Nicht zuletzt ist auch der Umgang mit sprachlichen Normen geprägt von (asymmetrischen) Machtverhältnissen zwischen Heranwachsenden und „Sprachnormautoritäten“.  

Die vielfältigen Perspektiven und Berührungspunkte mit dem Themenschwerpunkt, die in der Sektion diskutiert werden können, umfassen zum Beispiel:

  • Institutionelle Normerwartungen und gesellschaftlicher Sprachwandel
  • Sprache als Instrument der Selbstermächtigung & Gegenstand der Ideologiekritik
  • Macht – Sprache – Identität(en)
  • Staatliche oder parteipolitische Einflüsse auf die Sprachdidaktik
  • Macht und Grenzen von staatlichen/regionalen Normierungsinstanzen
  • Vielerlei Deutsch – plurizentrische Variation und innere Mehrsprachigkeit – Konsequenzen für die Sprachdidaktik
  • Verknüpfung politischer Rechte mit Sprachen und Sprachkenntnissen
  • Standardisierte Prüfungsformate, Testungen und Sprachkompetenzmessungen
  • Sprache in der Politik/von PolitikerInnen

Montag, 19.9.2022
10.15-10.30 Einführung durch die Moderator:innen
10.30-11.15
Rebekka Wanka / Charlotte Stehr / Michael Becker-MrotzekReferenzwortschatz für die Schule in der schulischen Praxis: Zielgruppenorientierte Abfrage sprachdidaktisch und sprachwissenschaftlich begründeter Wortschätze für den Deutsch- und Fachunterricht
11.15-12.00

Laura Neuhaus: Reflexion über diskriminierende Sprache im Deutschunterricht. Chancen und Herausforderungen von Gebrauchshinweisen im Wörterbuch

12.00-12.45 Alexander Horn: Wie Comics Rassismus in der Sprache problematisieren. Potentiale für den Deutschunterricht

 

14.00-14.45 Thorsten Pohl / Katrin Kleinschmidt-Schinke: Zur lehrerseitigen Praxis wiederaufnehmender kommunikativer Anschlusshandlungen
14.45-15.30 Nadine Bieker: Sprache und Geschlecht
15.30-15.45 Bei Bedarf: Zusätzliche und abschließende Diskussion

Dienstag, 20.9.2022
10.15-11.00 Rebekka Studler: Standarddeutsch als lebendige Schulsprache?
11.00 - 11.45 Johanna Bleiker: Schreib-Normen und Autoritätsverhältnisse beim kooperativen Schreiben im naturwissenschaftlichen Unterricht
11.45-12.30 Linda Kunow: Zwischen Norm und Varianz – Umgang von Deutschlehrkräften mit sprachlichen Zweifelsfällen
14.00-14.45 Bei Bedarf: Zusätzliche und abschließende Diskussion

Mittwoch, 21.9.2022
10.15-12.30 PANEL 1: (Kritische) Sprachreflexion und Sprachbewusstheit: Vom gesellschaftlichen Diskurs in den Deutschunterricht und zurück
14.00-14.45 Johanna Fay /Carolin John-Wenndorf: Wie politisch ist Orthographie? Eine Analyse soziolinguistischer Erklärungsansätze und Äußerungen innerhalb des öffentlichen Diskurses zum Thema Rechtschreibfähigkeit
14.45-15.30 Romina Schmidt / Susanne Riegler: Kontrollstift ist bitte in der Hand“ – Zur Politik des Übens im Rechtschreibunterricht in der Grundschule
15.30-15.45 Bei Bedarf: Zusätzliche und abschließende Diskussion

 Abstracts der einzelnen Vorträge