Panel 3: Bewertung von Abschlussarbeiten im Fach Deutsch – zwischen dem Anspruch auf Objektivität und Überzeugungen von Lehrkräften

Moderator:innen: Jörg Jost (Universität Köln), Dorothee Wieser (Techn. Univ. Dresden)

Dienstag, 20.9.2022 13.30-15.45, Seminarraum 2

Die schulische Noten- bzw. Zertifikatsvergabe ist nach wie vor von hoher Relevanz für den weiteren Lebensweg von Schüler:innen (z. B. für d. Hochschulzugang). Vor diesem Hintergrund wurden bislang mit Ausnahme von Rheinland-Pfalz in allen Bundesländern (teil )zentrale Prüfungen zum Erwerb des Mittleren Schulabschlusses und der Allgemeinen Hochschulreife implementiert. Dabei sollen landesweit zentral gestellte schriftliche Prüfungsaufgaben einheitliche Anforderungen an die Prüflinge gewährleisten und die zugehörigen Erwartungshorizonte identische Kriterien für die Leistungsbeurteilung durch die Lehrkräfte vorgeben (Kötter-Mathes 2020). Für die Abschlussprüfungen der Sekundarstufe II nimmt diesbezüglich der Gemeinsame Abituraufgabenpool der Länder eine zentrale Stellung ein.

Dem bildungspolitischen Ziel möglichst objektiver Bewertungen von Abschlussarbeiten steht aber gerade im Fach Deutsch manches entgegen. Zum einen ist die Bewertung von schriftlichen Arbeiten (z. B. Interpretations- oder Erörterungsaufsätzen) insbesondere aufgrund der Verwobenheit von Verstehens- und Darstellungsleistung, vielfältiger Lösungsmöglichkeiten und des meist großen Bewertungsspielraums komplex. Dies stellt sowohl die Entwicklung von Erwartungshorizonten, die objektive Bewertungen unterstützen, als auch die Lehrkräfte in der Anwendung dieser Bewertungsinstrumente vor nicht unerhebliche Herausforderungen.

Zum anderen ist anzunehmen, dass auch individuelle wie kollektiv geteilte Überzeugungen von Lehrkräften darüber, was einen gelungenen Aufsatz im Fach Deutsch ausmacht, die Nutzung der Erwartungshorizonte rahmen. Insbesondere der Abituraufsatz gilt zudem als Ausdruck einer individuellen Leistung, weshalb nicht nur im Kontext der Interpretation literarischer Texte, sondern generell hinsichtlich der Engführung der Bewertung entlang differenzierter und bindender Bewertungskriterien Vorbehalte bestehen können.

Vor diesem Hintergrund möchte das Panel drei empirische Studien diskutieren, die sich der Wirkung unterschiedlicher Varianten von Erwartungshorizonten (Vortrag 1: Pauline Schröter, Lars Hoffmann & Hannelore Söldner), der lehrer:innenseitigen Einschätzung der sprachlichen Komplexität von Abituraufsätzen (Vortrag 2: Anja Riemenschneider) sowie dem Zusammenhang zwischen kontroversen Benotungen von Interpretationsaufsätzen und professionellen Überzeugungen (Vortrag 3: Fabian Wiez) widmen. Die Studien zeichnen sich nicht nur durch unterschiedliche Perspektiven auf das Forschungsfeld aus, sondern auch durch divergierende methodische Zugänge. Ziel der anschließenden Diskussion im Panel soll es sein, die Ergebnisse der Studien aufeinander zu beziehen und weiterführende Forschungsperspektiven für die Konzeption von Erwartungshorizonten und ihre Implementation, aber auch für die Professionalisierung von Lehrkräften zu entwickeln.

Literatur: 

Kötter-Mathes, S. (2020). Leistungsbeurteilung in zentralen Prüfungen. Lehrkräftewahrnehmungen der Beurteilungspraxis unter besonderer Berücksichtigung der landesweit vorgegebenen Erwartungshorizonte. Wiesbaden [u. a.]: Springer VS.

Kontakt: joerg.jost@uni-koeln.de, dorothee.wieser@tu-dresden.de

 Abstracts der einzelnen Vorträge